Die neue Meldepflicht des Inhaberaktionärs
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Handels- und Gesellschaftsrecht

Die neue Meldepflicht des Inhaberaktionärs

Die Anonymität der Inhaberaktionäre wurde als Defizit in der Bekämpfung der Geldwäscherei gesehen. Aus diesem Grund sieht eine neu eingeführte Regelung nun vor, dass der Erwerb von Inhaberaktien der Gesellschaft gemeldet werden muss. Wird diese Meldung unterlassen, kann der Aktionär gegenüber der Gesellschaft weder seine Mitwirkungsrechte ausüben noch seine Vermögensrechte geltend machen.

Arten von Aktien

Das schweizerische Aktienrecht kennt zwei verschiedene Arten von Aktien: Namenaktien und Inhaberaktien. Für Namenaktien muss die Gesellschaft gemäss Art. 686 Abs. 1 OR ein Aktienbuch führen, in welches die Eigentümer der Aktien mit Name und Adresse eingetragen werden. Erst aufgrund des Eintrags im Aktienbuch kann der Aktionär seine Mitgliedschaftsrechte ausüben, wie aus Art. 689a Abs. 1 OR hervorgeht. Die Mitgliedschaftsrechte aus Inhaberaktien kann gemäss Abs. 2 dieser Bestimmung indes bereits ausüben, wer sich als Besitzer der Aktien ausweist, indem er die Aktien vorlegt. Der Unterschied zwischen Namenaktien und Inhaberaktien bestand bisher also grundsätzlich darin, dass der Gesellschaft die Identität der Inhaberaktionäre im Gegensatz zu derjenigen der Namenaktionäre nicht bekannt sein musste und die AG auch keinen Anspruch darauf hatte, die Namen der Gesellschafter, die Inhaberaktien halten, zu erfahren.[1]

Meldepflicht bei Inhaberaktien

Die Anonymität der Inhaberaktionäre gegenüber der Gesellschaft und die damit verbundene fehlende Nachverfolgbarkeit von Übertragungen von Inhaberaktien wurden als Defizit in der Bekämpfung der Geldwäscherei gesehen. Aus diesem Grund erfolgte kürzlich eine Gesetzesänderung, welche unmittelbare Auswirkungen auf das Gesellschaftsrecht hat, da die revidierten Bestimmungen des OR bereits auf den 1. Juli 2015 in Kraft gesetzt wurden.

Art. 697i Abs. 1 OR sieht neuerdings vor, dass ein Erwerber von Inhaberaktien innerhalb eines Monats nach dem Erwerb der Aktien gegenüber der Gesellschaft sowohl den Erwerb selbst wie auch seinen Namen und seine Adresse zu melden

hat, wodurch die Inhaberaktie nunmehr faktisch zur Namenaktie wird. Die gleiche Meldepflicht gilt im Übrigen auch für Personen, die bereits Inhaberaktien halten; sie kommt beim Erwerb von Aktien lediglich dann nicht zur Anwendung, wenn die Aktien an der Börse kotiert sind.[2] Keine Meldepflicht besteht zudem bei der Veräusserung von Inhaberaktien.[3]

Weiter statuiert der ebenfalls neue Art. 697j Abs. 1 OR eine Meldepflicht der an Aktien wirtschaftlich berechtigten Personen. Diese gilt sowohl bei Inhaber- wie auch bei Namenaktien von Gesellschaften, welche nicht an der Börse kotiert sind.[4] Als wirtschaftlich berechtigte Person gilt gemäss der gesetzlichen Definition, wer allein oder in gemeinsamer Absprache mit Dritten Aktien einer Gesellschaft erwirbt und dadurch den Grenzwert von 25 Prozent des Aktienkapitals oder der Stimmen erreicht bzw. überschreitet. In diesem Fall muss der Gesellschaft innert Monatsfrist der Name sowie die Adresse der natürlichen Person gemeldet werden, für die der Erwerber letztlich handelt.

Verletzung der Meldepflicht

Kommt der Erwerber von Inhaberaktien seiner Meldepflicht nicht (rechtzeitig) nach, ruhen laut Art. 697m Abs. 1 OR die Mitgliedschaftsrechte, die mit den Aktien verbunden sind, und dem Aktionär wäre etwa die Teilnahme an der GV verwehrt. Wird ein Aktionär, dessen Mitwirkungsrechte ruhen, an einer GV trotzdem zur Abstimmung zugelassen, so wären die Beschlüsse gemäss Art. 691 Abs. 3 OR anfechtbar.

Die Vermögensrechte, die mit dem Erwerb der Aktien verbunden sind, kann der Aktionär gemäss Art. 697m Abs. 2 OR ebenfalls erst geltend machen, wenn er seiner Meldepflicht nachgekommen ist. Erfüllt der Aktionär die Meldepflicht nicht innert eines Monats nach dem Erwerb der Aktien, verwirken seine Vermögensrechte, wie etwa das Recht auf Dividendenausschüttung. Holt der Aktionär die Meldung zu einem späteren Zeitpunkt nach, kann er nur die ab diesem Zeitpunkt entstehenden Vermögensrechte geltend machen. Werden unberechtigten Inhaberaktionären in Missachtung der neuen Regelung Vermögensrechte gewährt, greift die Rückforderungs- bzw. die Verantwortlichkeitsklage.[5]

Personen, die bereits Inhaberaktien halten, müssen gemäss den Übergangsbestimmungen der Meldepflicht, welche für den Erwerb gilt, ebenfalls nachkommen. Die Frist für die Verwirkung der Vermögensrechte beträgt sechs Monate ab Inkrafttreten der revidierten Gesetzesbestimmungen am 1. Juli 2015; sie läuft demnach Ende 2015 ab. Da die neu eingeführten Regelungen bislang relativ unbekannt geblieben sind, dürfte «manch böses Erwachen vorprogrammiert» sein.[6]

Handlungsbedarf auch für Gesellschaften

Nicht nur die Aktionäre, sondern auch die Gesellschaften bzw. der jeweilige VR sind aufgrund der neuen Regelung gefordert: Sie müssen die nunmehr notwendigen Strukturen aufbauen, um zu gewährleisten, dass das Verzeichnis der nhaberaktionäre

bzw. der wirtschaftlich Berechtigten in der gesetzlich vorgeschriebenen Form gemäss Art. 697l Abs. 1 OR geführt und aufbewahrt wird. Es ist jedoch möglich, das Verzeichnis durch einen Dritten führen zu lassen; hierbei muss es sich allerdings um einen Finanzintermediär gemäss dem Geldwäschereigesetz handeln. Für eine derartige Delegation ist gemäss Art. 697k Abs. 1 OR ein entsprechender Beschluss der GV notwendig.

Umwandlung von Aktien

Aufgrund der neu eingeführten Regelung erwägen viele Gesellschaften die Umwandlung von Inhaberaktien in Namenaktien. Diese ist zulässig, sofern die Statuten gemäss Art. 622 Abs. 3 OR eine entsprechende Bestimmung enthalten. Eine derartige statutarische Umwandlungsklausel kann auch nachträglich noch in die Statuten aufgenommen werden.[7]

Art. 704a OR sieht vor, dass der Beschluss der GV über die Umwandlung von Inhaberaktien in Namenaktien mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst werden kann. Da durch diesen Beschluss die Statuten abgeändert werden, ist gemäss Art. 647 OR eine öffentliche Beurkundung notwendig. Schliesslich muss die Statutenänderung ins Handelsregister eingetragen werden. Hierfür ist gemäss Art. 17 Abs. 1 lit. c HRegV der VR zuständig.

Unsere Juristen stehen Ihnen für allfällige Fragen im Zusammenhang mit gesellschafts- oder aktienrechtlichen Problemen gerne zur Verfügung.

Fussnoten

  1. Vgl. Hans-Peter Schaad, in: Heinrich Honsell/Nedim Peter Vogt/Rolf Watter (Hrsg.): Basler Kommentar OR II, 4. Auflage, Basel 2012, N 15 zu Art. 689a OR; Peter Böckli, Schweizer Aktienrecht, 4. Auflage, Zürich 2009, 514.

  2. Siehe hierzu Dieter Gericke/Daniel Kuhn, Neue Meldepflichten bezüglich Aktionären, Gesellschaftern und wirtschaftlich Berechtigten, in: AJP 2015, 853, wonach gemäss Art. 20 Abs. 1 BEGH bei börsenkotierten Gesellschaften eine Meldepflicht erst ab Erreichen eines Schwellenwerts von 3 Prozent der Stimmrechte vorgesehen ist.

  3. Rolf Sethe/Carlo Egle: Entwicklungen im Gesellschaftsrecht und im Wirtschaftsrecht, in: SJZ 2015, 523.

  4. Dieter Gericke/Daniel Kuhn (zit. in Fn. 2), 855; Rolf Sethe/Carlo Egle (zit. in Fn. 3), 523.

  5. Rolf Sethe/Carlo Egle (zit. in Fn. 3), 523.

  6. Dieter Gericke/Daniel Kuhn (zit. in Fn. 2), 850.

  7. Carl Baudenbacher, in: Heinrich Honsell/Nedim Peter Vogt/Rolf Watter (Hrsg.): Basler Kommentar OR II, 4. Auflage, Basel 2012, N 17 zu Art. 622 OR; Peter Böckli (zit. in Fn. 1), 515.

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