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Privatrecht

Due Diligence bei Liegenschaftskäufen durch Private

Im letzten Rechtsbrief hat sich Rechtsanwalt Urs Pfister mit den allgemeinen Aspekten der Due Diligence beim Grundstückskauf beschäftigt. Im vorliegenden Artikel geht es um die rechtliche Überprüfung bei Liegenschaftskäufen
insbesondere durch Privatpersonen.

Die umfassende Prüfung einer zu kaufenden Liegenschaft durch einen institutionellen Anleger (Pensionskassen, Generalunternehmungen, Banken etc.) ist heute die Regel. Dabei wird ein Team von Beratern eingesetzt, welches die zu erwerbende Liegenschaft baulich, wertmässig, entwicklungsmässig und nicht zuletzt auch rechtlich durchleuchtet und dem Käufer mit einem umfassenden Bericht eine gute Entscheidgrundlage für den Erwerb ermöglicht. Private kaufen in der Regel nur einmal im Leben eine Liegenschaft (Einfamilienhaus oder Stockwerkeigentum) und meiden aus Kostengründen solche unabhängigen Überprüfungen. Manchmal ist aber Vorbeugen besser als Heilen und zumindest eine rechtliche Due Diligence ist beim geplanten Erwerb einer bereits bestehenden Liegenschaft sicher zu empfehlen.

Der Liegenschaftshandel wird heute zum allergrössten Teil über einschlägige Internetportale (beispielsweise Immoscout) abgewickelt. Der potenzielle Erwerber kann sich schnell einen Überblick über die vorhandenen Angebote verschaffen, Fotos anschauen und Verkaufsdokumentationen herunterladen oder bestellen. Als Kontakt fungiert in der Regel eine Immobilienmaklerfirma, welche die Besichtigungen durchführt und für den Verkäufer die Verhandlungen mit den Interessenten führt. Die Verkaufsdokumentationen der Immobilientreuhänder weisen keine standardisierten Inhalte auf und unterscheiden sich in Qualität und Umfang sehr. Die Käufer verlassen sich gerne auf die gemachten Ausführungen und unterlassen bisweilen die genaue (auch rechtliche) Überprüfung der darin enthaltenen Grundlagen und Aussagen. Fehlende Informationen werden selten bemerkt. Man konzentriert sich lieber auf das Haus bzw. die Wohnung, den Ausbau und die zu erwartenden Renovationskosten. Hierfür zieht man gerne einen Architekten bei, welcher sich aber aufgrund des ihm erteilten Auftrags nur um das «Bauliche» kümmern wird.

Mit grosser Selbstverständlichkeit geht man bei einer bestehenden Liegenschaft davon aus, dass alle Dienstbarkeitsrechte eingeräumt sind und das Objekt erschlossen ist. Bei einer Wohnung im Stockwerkeigentum dürfte das in der Regel ohne Weiteres der Fall sein. Bei Einfamilienhäusern (ob frei stehend oder einseitig angebaut oder in einer Reihe stehend) ist das manchmal ganz anders. Nur zwei Beispiele aus der Berufspraxis des Anwalts: Der Verkäufer ist seit 40 Jahren über eine bestehende Privatstrasse auf sein Grundstück gefahren, obwohl er nie ein Dienstbarkeitsrecht besass. Oder der Nachbar verbietet plötzlich den Zugang zum eigenen Keller, weil der Weg dorthin unbemerkterweise über fremdes Terrain führt, wofür keine Wegrechtsdienstbarkeit besteht.

Es gehört nicht zu den Berufspflichten des verurkundenden Notars, die tatsächlichen Verhältnisse vor Ort zu prüfen. Die Arbeit des Notars stützt sich auf die ihm durch die Parteien vorgelegten Belege und Angaben sowie die aus dem Grundbuch ersichtlichen Eintragungen wie Eigentumsverhältnisse, Dienstbarkeiten, Anmerkungen und Vormerkungen. Er kann und muss nicht von sich aus weitere Abklärungen treffen, die über die ihm vorgelegten und bekannten Dokumentationen hinausgehen. Ein umsichtiger Notar wird aber in jedem Fall von sich aus auch den Grundbuchplan aus der elektronischen Datenbank ausdrucken und die Situation wenigstens planmässig erfassen.

Es ist aus Sicht des Käufers in jedem Fall wichtig, den Notar über alles Wissenswerte zu informieren, sodass der Kaufvertrag vollständig und richtig abgefasst werden kann. Dazu gehört auch die Frage an den Verkäufer, wie die Liegenschaft zugänglich ist und ob dafür die entsprechenden Dienstbarkeiten bestehen: «Ist die Liegenschaft erschlossen? Können sämtliche Zugänge (rechtlich) erreicht werden?» Bei Unsicherheiten empfiehlt es sich, den verurkundenden Notar mit den Abklärungen zu beauftragen oder einen auf das Immobilienrecht spezialisierten Anwalt beizuziehen. Diese Kosten halten sich in Grenzen, die Abklärungen sind nicht schwierig und zeitlich rasch erledigt.

Aber auch die öffentlichen Bauvorschriften sind vor dem Kauf der Liegenschaft abzuklären. Will man beispielsweise ein Estrichgeschoss als Galerie nutzen, das Dach ausbauen, einen Anbau anbringen oder die Liegenschaft auch nur modernisieren, ist entscheidend, ob die diesbezüglichen Grenzabstände zum nachbarlichen Grund eingehalten sind und auch zukünftig eingehalten werden können oder ob die Ausnützung möglich und die geplante Nutzung aufgrund der Zonenplanvorschriften überhaupt zulässig ist (zum Beispiel teilweise Büronutzung statt Wohnen oder umgekehrt). Auch dies bedingt eine rechtliche Abklärung, damit nach dem Erwerb des Eigenheims kein Verdruss entsteht.

Ist es trotzdem passiert, stellt sich schnell die Frage, wer die Schuld trägt. Hat der Verkäufer beispielsweise gewusst, dass über den bestehenden Zufahrtsweg keine Dienstbarkeiten bestehen, kann der Kaufvertrag wegen absichtlicher Täuschung angefochten und als einseitig unverbindlich erklärt werden. Der Kauf muss dann rückabgewickelt werden. Dies löst wiederum Kosten aus und die Korrespondenzen mit dem Vertragspartner, dem Grundbuchamt und den Steuerbehörden werden umfangreich. Die Umsetzung dauert einige Zeit. Allenfalls ist ein Prozess nötig, denn der Verkäufer wird selten bereit sein, die Täuschung zuzugeben.

War die Erschliessung eine wesentliche Voraussetzung für den Eigentumserwerb, könnte ein sogenannter Grundlagenirrtum vorliegen, der den Käufer berechtigt, Willensmängel geltend zu machen und den Kaufvertrag aufzuheben. Dass man in einem solchen Fall dann sein Traumhaus nicht verwirklichen kann, ist ärgerlich und die Kosten für einen Prozess gegen den Verkäufer wegen Willensmängeln sind sehr hoch. Zudem sind die Ressourcen für einen allfälligen Ersatzkauf gebunden. Vielleicht hat man im Hinblick auf den Erwerb der Liegenschaft ja bereits seine Mietwohnung gekündigt, was einem Prozess auch faktisch im Weg stehen kann – nämlich dann, wenn man dadurch gezwungen ist, das nicht mehr perfekte Objekt trotzdem zu erwerben und das Beste daraus zu machen. In einem solchen Fall hätte man dann schlicht zu teuer gekauft.

Deshalb ist potenziellen Käufern immer zu empfehlen, die Kosten für eine rechtliche Überprüfung der Liegenschaft nicht zu scheuen, einen spezialisierten Anwalt beizuziehen und sich die rechtliche Situation aufzeigen zu lassen. Denn Vorbeugen ist wirklich besser als Heilen.

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