Revision des Sachenrechts
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Privatrecht

Revision des Sachenrechts

Am 1. Januar 1912 trat mit dem ZGB auch dessen Sachenrecht in Kraft. Auf den 1. Januar 2012 soll die Revision des Immobiliarsachenrechts in Kraft treten. Das mittlerweile 100-jährige Gebäude braucht die eine oder andere Erneuerung. Hier soll versucht werden, die Revision auf wenig Platz darzustellen.[1]

Beim Miteigentum soll die Nutzungs- und Verwaltungsordnung neu auch lediglich mit Einverständnis der Mehrheit aller Beteiligten abgeändert werden können (mit Zustimmungsbedarf bei besonders Betroffenen). Die Aufhebung des Miteigentums kann neu auf bis zu 50 (statt wie bisher 30) Jahre durch eine Vereinbarung ausgeschlossen werden.

Bei der «komplizierten Schwester des Miteigentums», dem Stockwerkeigentum, kann die Aufhebung nach 50 Jahren verlangt werden, wenn die Anlage wegen des schlechten baulichen Zustands nicht mehr bestimmungsgemäss genutzt werden kann. Die Stockwerkeigentümer, welche die Gemeinschaft fortsetzen wollen, können die Aufhebung durch Abfindung der übrigen abwenden.

Anmerkungsgrundstücke gibt es nach wie vor, sie sind neu direkt im ZGB und nicht nur in untergeordneten Verordnungen geregelt. Gemeint sind Grundstücke, die mit einem anderen verknüpft sind, wie zum Beispiel eine Einstellhalle, die zu einer Wohnüberbauung gehört. Diese Verknüpfung verhindert weitgehend selbständige Verfügungen über das Anmerkungsgrundstück.

Bei den übermässigen Immissionen, beziehungsweise den Haftpflichttatbeständen aus dem Grundeigentum, wurde in das Gesetz übernommen, was von den Gerichten bereits vorgezeichnet worden ist: die sogenannt negativen Immissionen wie der Entzug von Sonne und Aussicht.

Bei den Dienstbarkeiten gibt es zahlreiche Änderungen: Sogenannte Notleitungsrechte müssen nicht mehr zwingend im Grundbuch aufgenommen sein. Dienstbarkeiten können praktisch nur noch beim Notar, das heisst in Form der öffentlichen Beurkundung, begründet werden. Besondere Vereinbarungen zu Dienstbarkeiten (sogenannte Nebenpflichten) muss der gutgläubige Erwerber nach wie vor nicht hinnehmen, soweit Entsprechendes nicht direkt aus dem Grundbucheintrag hervorgeht, beziehungsweise dort unter dem entsprechenden Stichwort beschrieben ist. Eine grundsätzliche Ausnahme davon bilden neu vom Gesetz abweichende Unterhaltspflichten, zum Beispiel bei Wegrechten, die der gutgläubige Erwerber auch akzeptieren muss, wenn sie nicht direkt aus dem Grundbuch, sondern nur aus den sogenannten Belegen (dem Dienstbarkeitsvertrag) hervorgehen. Als Reaktion auf einen neueren Bundesgerichtsentscheid «schenkte» der Gesetzgeber den vor Inkrafttreten abgeschlossenen Dienstbarkeiten die Gültigkeit direkt aus dem Vertrag, auch ohne Eintrag im Grundbuch. Dient der Dienstbarkeit eine Vorrichtung (Weg bei Wegdienstbarkeit, Spielplatz etc.), gelten mangels anderer Vereinbarung unter den Berechtigten grundsätzlich die Regeln des Miteigentums, die Beteiligten können entsprechend auch besondere Ordnungen aufstellen und die Aufhebung für die Dauer von 30 Jahren verhindern.

Die Baurechtsdienstbarkeit ist von wichtigen Änderungen betroffen: Auch sie muss grundsätzlich immer öffentlich beurkundet werden. Das Gesetz lässt neu die Gültigkeit von im Vertrag getroffenen Nebenabreden durch Vormerkung unbeschränkt zu (zum Beispiel die Baurechtszinspflicht, besondere Heimfallregelungen oder Übertragungsbeschränkungen).

Bei den Pfandrechten ist als erster «Star» der papierlose Schuldbrief zu erwähnen. Die Parteien können bei der Begründung dieses Pfandrechts auf die Erstellung des bis dahin damit verbundenen Wertpapiers (des Schuldbriefs) verzichten und sich allein auf den Grundbucheintrag beschränken. Im Schatten dieser Schlagzeile verliert der Schuldbrief auch seine gesetzliche Vermutung der Novation. Somit steigt das Risiko des Schuldbriefgläubigers, sich bei der Durchsetzung eines Schuldbriefs auf das in der Regel darunter liegende Kreditverhältnis einlassen zu müssen.

Der zweite «Star» bei den Pfandrechten ist das Bauhandwerkerpfandrecht: Neu sind auch Gerüstbau, Abbrucharbeiten und Baugrubensicherung etc. ausdrücklich pfandberechtigt. Schon bisher durch das Gericht zugelassen, aber neu gesetzlich und präziser gefasst, ist die Auslösung von Bauhandwerkerpfandrechten beim Eigentümer durch Bauten des Mieters/Pächters. Die Frist für die Eintragung des Bauhandwerkerpfandrechts im Grundbuch wurde von drei auf vier Monate verlängert. Eine weitere Änderung betrifft das Haftungsrisiko des Gemeinwesens für Grundstücke des sogenannten Verwaltungsvermögens: Hier sind nach wie vor keine Pfandrechte möglich, wohl aber Kraft gesetzlicher Festlegung die Haftung der Eigentümerschaft (zum Beispiel Bund, Kanton oder Gemeinde) wie ein (einfacher) Bürge.

Auch das Grundbuch soll aufgefrischt werden: Einerseits soll mit der ganzen Gesetzesvorlage die Grundbuchverordnung und damit das «Kochbuch» für dieses Register völlig neu gestaltet werden. Andererseits sollen alte und nicht mehr zeit- oder sachgemässe Dienstbarkeiten bereinigt oder gelöscht werden, sei es bei Einzeltransaktionen (Aufteilung oder Vereinigung von Parzellen) oder mit kantonaler Mitwirkung auch gleich flächenweise. Das Grundbuch ist vor allem ein Institut des privaten Rechts. Über die Anmerkungen stellt sich dieses Institut für Hinweise auf öffentlich-rechtliche Eigentumsbeschränkungen zur Verfügung. Gleichzeitig ist als Bruder des Grundbuchs ein Register für öffentlich-rechtliche Eigentumsbeschränkungen ÖREB am Entstehen (das Bundesgesetz dazu existiert schon und die Kantone rüsten, vorerst in einer Pilotphase, die entsprechenden Register auf). Dort soll eingetragen und für jedermann abrufbar sein, was das öffentliche Recht an Beschränkungen bereithält (Zonenordnung, Baulinien, Gefahrengebiete etc.). Im Grundbuch finden sich – dafür aber im Sinne einer Pflicht – nur noch Beschränkungen, die sich dauerhaft auf einzelne Parzellen auswirken.

Fussnoten

  1. Im Wesentlichen stütze ich mich auf Darstellungen von Hürlimann-Kaup/Steinauer (BR/DC 2010, S. 10 ff.) und Pfäffli/Byland (SJZ 2011, S. 225 ff.).

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