Qualität beim Bauen – oder der Billigste ist nicht...
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Privatrecht

Qualität beim Bauen – oder der Billigste ist nicht unbedingt der Beste

Bei Neu- oder Umbauten geht es meistens auch um viel Geld. Da lohnt es sich, vor der Vergabe von Aufträgen die Kosten zu prüfen. Doch der Werkpreis ist nicht alles, mindestens so wichtig ist es, Handwerker, General- oder Totalunternehmer, Architekten und Ingenieure (nachfolgend Unternehmer) zu finden, die fachlich qualifizierte Arbeit leisten und denen man vertrauen kann. Dazu ein paar zu beachtende Regeln – für Bauherren und für Unternehmer.

Die öffentliche Hand lebt seit Jahren vor, dass bei einem Auftrag praktisch nur noch der Preis zählt. Der Billigere hat die besseren Karten. Nach der «Geiz-ist-geil»-Mentalität heizen auch die Privaten den Preiskampf unter den Unternehmern munter an. Die Tendenz geht dahin, alles noch billiger zu haben, selbstverständlich mit steigender Qualität. Gerade in der Schweiz sind die Qualitätsansprüche bekanntlich hoch. Werden allerdings die Preise zu stark gedrückt, besteht die grosse Gefahr, dass die Qualität auf der Strecke bleibt. Es wird dann teilweise nur noch Pfusch abgeliefert.

Pfusch kommt die Kundschaft teuer zu stehen. Jeder kennt Geschichten über Unternehmer, die ihre Arbeit nicht zu Ende gebracht, schlecht gearbeitet oder am Ende horrende Beträge in Rechnung gestellt haben. Die Folgen können verheerend sein: Die Möglichkeiten reichen von geringfügigen Mängeln bis zu ernsthaften Problemen wie Sicherheitsrisiken, Nichteinhaltung gesetzlicher Vorschriften oder der Notwendigkeit, eine Arbeit rückgängig zu machen oder aufwendig zu sanieren. Nicht zu reden von den finanziellen Konsequenzen. Es gibt freilich auch viele seriöse Unternehmer, die fachlich qualifiziert sind und einwandfrei arbeiten.

Referenzen

Erkundigen Sie sich als Bauherr bei Freunden oder Bekannten, mit welchen Unternehmern diese gute Erfahrungen gemacht haben. Holen Sie aktuelle Referenzen ein oder fragen Sie die Unternehmer nach solchen. Geben Sie als Unternehmer von sich aus Referenzen an.

Erkundigen Sie sich bei diesen Referenzpersonen, wie die Unternehmer gearbeitet haben (vor allem bezüglich Qualität, Terminen, Kosten und Mängelbehebung). Beim Bauen mit einem General- oder Totalunternehmer sollten rechtzeitig auch Erkundigungen zur finanziellen Situation und den Qualitätsstandards eingeholt werden.

Viele Architekten empfehlen aus gutem Grund bestimmte Unternehmer, mit denen sie in der Vergangenheit erfolgreich zusammengearbeitet haben. Auf solche Empfehlungen kann man sich bei unabhängigen und seriösen Architekten meistens verlassen.

Branchenverbände

Es ist darauf zu achten, ob ein Unternehmer Mitglied bei einem Branchenverband ist. Falls nicht, ist eine kritische Haltung angezeigt und man sollte nach dem Grund fragen. Allerdings ist eine Mitgliedschaft nicht in jedem Fall auch ein Qualitätssiegel.

Offerten

Eine Offerte ohne Besichtigung durch den Unternehmer vor Ort ist unseriös. Ein Unternehmer kann einen Auftrag nur korrekt abschätzen und dann auch effizient ausführen, wenn er die Situation vor Ort und die genauen Wünsche des Bauherrn kennt.

Der Bauherr soll dem Unternehmer seine Vorstellungen detailliert zur Kenntnis bringen, damit der Unternehmer diese in seiner Offerte berücksichtigen kann. Umgekehrt soll der Unternehmer den Bauherrn darauf aufmerksam machen, wenn dessen Vorstellungen nicht oder nur mit Problemen umgesetzt werden können. Unklare Kommunikation führt zu unvollständigen Offerten, Werkverträgen oder Aufträgen und damit fast sicher zu späteren Meinungsverschiedenheiten.

Jeder Bauherr wird mindestens zwei bis drei Offerten einholen. Diese müssen einen genauen Beschrieb der vertraglichen Leistungen enthalten. Beim Vergleich der Offerten sind nicht nur die Preise zu vergleichen, sondern auch die dafür zu erbringenden Leistungen. Durch Vergleich detaillierter Offerten kann festgestellt werden, ob und welche Leistungen in einer Offerte fehlen, weil sie in der Konkurrenzofferte enthalten sind. Was nützt ein preiswertes Angebot, wenn die Qualität der Arbeit nicht dem entspricht, was von einem qualifizierten und seriösen Unternehmer erwartet wird? Unternehmerofferten kosten im Übrigen nichts (ausser wenn vorgängig ausdrücklich etwas anderes abgemacht wurde).

Und Achtung: Billig-Anbieter funktionieren oft wie Billig-Airlines: Auf die unschlagbar günstigen Basispreise schlagen sie am Ende alle möglichen Zusatzkosten.

Werkvertrag und Auftrag

Auch wenn es in der Praxis immer wieder anders gemacht wird, empfiehlt sich unbedingt, die getroffenen Vereinbarungen in Form eines Werkvertrags oder einer Auftragsbestätigung schriftlich festzuhalten.

Diese schriftlichen Vereinbarungen müssen einen verbindlichen Terminplan und einen detaillierten Leistungsbeschrieb enthalten. Der Leistungsbeschrieb umfasst einerseits alle Leistungen (Masse, Materialien, Farben, Qualitätsstandards etc.) und andererseits die entsprechenden exakten Preise inklusive Skonti und Rabatte. Durch diese detaillierten Angaben werden sowohl der Bauherr als auch der Unternehmer dazu gezwungen, ihre Vorstellungen zu konkretisieren, wodurch Unklarheiten oder Missverständnisse vermieden werden. So ist für beide Seiten von Anfang an klar, was gelten soll.

Ein Bau auf dem Plan und ein Bau in der Realität sind zwei verschiedene Dinge. Während der Realisierung wird festgestellt, dass die eine oder andere Änderung sinnvoll wäre. Solche Änderungen können ungeahnte Auswirkungen auf den Terminplan oder die Kosten haben. Spätere Vertragsänderungen wegen Mehr- oder Minderleistungen sind ebenfalls klar und schriftlich festzuhalten. Auch wenn die Zeit dafür insbesondere während der Baurealisierung manchmal knapp ist, ist im Zeitalter des Internets ein Festhalten getroffener Abmachungen im Minimum via E-Mail jederzeit möglich.

Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) zu einem Werkvertrag sind genau zu prüfen und gegebenenfalls teilweise oder ganz auszuschliessen.

Das Rad muss im Übrigen nicht bei jedem Vertragsabschluss neu erfunden werden: Die Praxis kennt bewährte Musterverträge (SIA, VSGU), die bei Bedarf ohne Weiteres um besondere Bestimmungen im Einzelfall ergänzt werden können.

Termine

Alle die bauen kennen das leidige Thema Terminverzögerungen. Das wichtigste Instrument für termingerechte Arbeit ist ein realistischer Terminplan, der auf langjähriger Erfahrung beruht. Gut Ding will Weile haben: Ein zu enger Terminplan behindert die Folgearbeiten und reduziert oft auch die Qualität. Es muss genügend Zeit für Bauaustrocknung und Kontrollen, für die allfällige Behebung von Mängeln und zusätzlich für mögliche Änderungswünsche der Bauherrschaft zur Verfügung stehen. Auch für Eventualitäten wie langanhaltende Schlechtwetterperioden und Ähnliches sollte eine gewisse Zeitreserve einberechnet sein. Zudem sollte vertraglich geregelt werden, wie bei massgeblichen Verzögerungen verfahren wird (z.B. Konventionalstrafen).

Mängel

Bauen ohne Mängel wird es realistischerweise kaum je geben. Bei einem Bauprojekt arbeiten viele Menschen zusammen und es werden unterschiedliche Materialien miteinander eingesetzt und verarbeitet. Schon bei der Planung sollte beachtet werden, dass bei der Technologieoder Materialwahl der Grundsatz «Weniger ist mehr» gelten könnte. Anstelle von Neuartigem kann auf Altbewährtes gesetzt werden.

Garantien

Eine seriöse Gewährleistung für Mängel hat sich nach den Bestimmungen des Obligationenrechts (OR) oder den SIA-Normen zu richten (SIA-Norm 118). Die Garantie für Mängel an Häusern beträgt dabei fünf Jahre (Garantiefrist im Sinne der Verjährungsfrist).

Mängel müssen sofort nach ihrer Entdeckung gerügt werden. Ist vertraglich die SIA-Norm 118 anwendbar, können Mängel jedoch bis zu zwei Jahre nach Bauabnahme noch gerügt werden (Garantiefrist im Sinne der Rügefrist). Danach müssen Mängel aber ebenfalls sofort nach ihrer Entdeckung gerügt werden. Erfolgt die Mängelrüge verspätet, droht die Verwirkung der Gewährleistungsansprüche.

Bei ausländischen Unternehmern ist zu beachten, dass Gewährleistungsansprüche nur sehr schwer durchgesetzt werden können, sobald der gesamte Werkpreis einmal bezahlt ist. Darum sollte man auf hinreichenden Sicherheiten und inländischem Gerichtsstand samt Zustelldomizil bestehen.

Fazit

Den grössten Einfluss auf den Erfolg oder Misserfolg beim Bauen hat vor dem Preis die sorgfältige Wahl der Baupartner.

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