Privatrecht
Durch das neue Gerichtsstandsgesetz (GestG) wurden gesamtschweizerisch gültige Gerichtsstände geschaffen, welche diejenigen von anderen Bundesgesetzen überlagern oder ergänzen. Im interkantonalen Verhältnis besteht zwischen der Zuständigkeit für die betreibungsrechtliche Aberkennungsklage (Ort der Betreibung, also Sitz/Wohnsitz des Schuldners) und für den mietrechtlichen Schlichtungsversuch (Ort der Mietsache) eine Diskrepanz.
Das Gerichtsstandsgesetz (GestG, SR 272) ist am 1.1.2001 in Kraft getreten und regelt die örtlichen Zuständigkeiten der Gerichte in der Schweiz abschliessend, sofern und soweit nicht internationale Verhältnisse vorliegen, welche nach IPRG oder nach LugÜ zu beantworten sind (GestG Art. 1 Abs. 1). In GestG Art. 1 Abs. 2 werden die Bestimmungen über die Zuständigkeit auf dem Gebiet des Kindesschutzes und des Vormundschaftsrechtes (lit. a), nach dem SchKG (lit. b) und auf dem Gebiet der Binnen- und Seeschiffahrt sowie der Luftfahrt (lit. c) ausdrücklich vorbehalten. Soweit es sich um eine zivilrechtliche Streitigkeit handelt, geht es somit um die Beibehaltung der spezialgesetzlichen Zuständigkeiten[1].
SchKG Art. 83 Abs. 2 bestimmt, dass der Betriebene innert 20 Tagen nach der Rechtsöffnung auf dem Weg des ordentlichen Prozesses beim Gericht des Betreibungsortes auf Aberkennung der Forderung klagen kann (sogenannte Aberkennungsklage).
Für „normale“ Klagen aus Miete und Pacht unbeweglicher Sachen schreibt GestG Art. 23 zwingend den Gerichtsstand der gelegenen Sache vor. Das gilt auch für die sogenannte Anerkennungsklage nach SchKG Art. 79. Zudem ist zwingend vorab ein Schlichtungsversuch bei der örtlich zuständigen Schlichtungsbehörde durchzuführen (OR Art. 274e, BGE 118 II 307ff.).
Folgt man alleine dem Wortlaut des Vorbehaltes von GestG Art 1 Abs. 2 lit. b, gilt der zwingende mietrechtliche Gerichtsstand für die Aberkennungsklage nicht und der Kläger hätte die Klage am Betreibungsort (in der Regel der Richter am Wohnsitz oder Sitz des Betriebenen, SchkG Art. 46) einzureichen. Man hat es demgemäss mit einem Auseinanderfallen der Gerichtsstände zu tun, je nach-dem, ob eine Anerkennungsklage oder eine Aberkennungsklage nach durchge-führtem Rechtsöffnungsverfahren angehoben werden soll, obschon es sich bei beiden um ordentliche Klagen im Zusammenhang mit einer mietrechtlichen Streitigkeit aus Immobiliarmiete handelt.
Zwischen dem Vermieter A mit Wohnsitz in Solothurn und der Mieterin B AG mit Sitz in Zürich besteht seit längerem ein Mietvertrag über eine Geschäfts-liegenschaft in Bern. Die Mieterin bezahlt seit mehreren Monaten die Mietzinse nicht mehr, weshalb ihr nach Massgabe von OR Art. 257d ausserordentlich gekündigt werden muss. Auf den Kündigungstermin hin zieht die B AG aus dem Mietobjekt nicht aus und der Vermieter A leitet deshalb beim zuständigen Gericht in Bern das Ausweisungsverfahren ein. Zwei Monate nach dem Kündigungstermin und noch vor dem Exmissionsentscheid zieht die B AG aus dem Mietobjekt aus. Der Vermieter A setzt die ausstehenden Mietzinse bis zum Kündigungstermin in Betreibung und erwirkt in Zürich mittels Rechtsöffnung nach SchKG Art. 82 die Beseitigung des gegen den Zahlungsbefehl durch die B AG erhobenen Rechtsvorschlages. Parallel dazu leitet er beim Mietamt der Stadt Bern das Schlichtungsverfahren auf Bezahlung von Schadenersatz wegen der unbefugten Weiterbenützung des Mietobjektes ein (hierfür besteht kein provisorischer Rechtsöffnungstitel). Die Mieterin B AG erhebt beim zuständigen Gericht von Zürich Aberkennungsklage gemäss SchKG Art. 83 Abs. 2 und macht geltend, zwischen den Parteien habe zu keinem Zeitpunkt ein Mietvertrag bestanden, eventualiter beruft sie sich auf Willensmängel nach OR Art. 23ff.
Damit würde im Ergebnis die Gültigkeit des Mietvertrages einerseits durch das Gericht in Zürich und andererseits durch das Gericht in Bern (nach durchge-führtem und gescheitertem Schlichtungsversuch) entschieden.
GestG Art. 23 wiederholt nur, was bereits unter dem alten OR Art. 274b galt: zuständig für Streitigkeiten aus dem Mietverhältnis bei der Miete von unbeweglichen Sachen soll ausschliesslich die Schlichtungsbehörde und der Richter am Ort der gelegenen Sache sein, also am Ort des Mietobjektes (im vorstehenden Beispiel Bern). Die Kantone haben die Behörden zu schaffen und ein einfaches und rasches Verfahren vorzusehen (OR Art. 274 und 274d Abs. 1).
Das Verfahren vor der Schlichtungsbehörde ist zudem kostenlos (OR Art. 274d Abs. 2) und Schlichtungsbehörde sowie Richter haben den Sachverhalt von Amtes wegen festzustellen (OR Art. 274d Abs. 3).
Nach GestG Art. 21 Abs. 1 lit. b kann die mietende Partei weder im Voraus noch durch Einlassung auf den Gerichtsstand nach Art. 23 verzichten noch ist es nach OR Art. 274c bei der Miete von Wohnräumen zulässig, ein Schiedsgericht zu vereinbaren. Neu gegenüber aOR Art. 274b Abs. 2 ist, dass auch der Geschäftsmieter auf diesen besonderen Gerichtsstand nicht verzichten kann (GestG Art. 21 Abs. 1 lit. b in fine).
Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zu OR Art. 274b war der Begriff der mietrechtlichen Streitigkeit weit zu fassen, d.h. es wurden sämtliche Streitig-keiten, welche ihren Ursprung im mietrechtlichen Verhältnis haben, erfasst. Das Bundesgericht[2] begründete wie folgt:
«Der Gerichtsstand der gelegenen Sache in Mietstreitigkeiten soll nach dem Willen des Gesetzgebers die Beweiserhebung (z.B. bei der Beurteilung von Mängeln) und die Feststellung des in Mietsachen verbreitet zu beachtenden Ortsgebrauchs erleichtern (Botschaft des Bundesrats vom 27. März 1985, BBl 1985 II 389 ff., S. 1468). Das Obligatorium des Schlichtungsverfahrens sodann steht im Dienste des raschen, einfachen und billigen Verfahrens (BGE 118 II 307 ff.). Der Regelungsgedanke beider Bestimmungen findet seine rechtspolitische Rechtfertigung offensichtlich nicht im Umstand unmittelbarer vertraglicher Beziehungen der Prozessparteien, was zwar die Regel bildet, sondern in der Sachnähe des Richters und in der sozialrechtlichen Besonderheit mietrechtlicher Streitigkeiten, namentlich aus dem Bereich der Wohnungs- und der Geschäftsmiete».
Entscheidend soll also die besondere Sachnähe des Gerichts am Ort der gelegenen Sache sein, welche die Beurteilung der ihm unterbreiteten Ange-legenheit wesentlich erleichtere. Dieser Grundsatz wird durch den Gerichtsstand des Betreibungsortes nach SchKG Art. 83 Abs. 2 durchbrochen und eine mietrechtliche Streitigkeit unter Umständen (Wohnort/Sitz und Mietort können beim Mieter auch zusammenfallen) durch ein ortsfremdes Gericht beurteilt. Zudem bestimmt das SchKG das zu beachtende Verfahren nicht. Ist am Betreibungsort vorgängig ein Schlichtungsversuch nach OR 274d durchzuführen oder kann die Klage direkt beim zuständigen Gericht eingereicht werden?
Versteht man den Vorbehalt von GestG Art. 1 Abs. 2 lit. b streng, bedeutet das, dass sofern das SchKG einen besonderen Gerichtsstand vorsieht – was SchKG Art. 83 Abs. 2 vordergründig zweifelsohne tut – das Gerichtsstandgesetz und damit der sonst zwingende Artikel 23 keine Anwendung findet[3]. Die Aber-kennungsklage nach SchKG Art. 83 Abs. 2 ist eine materiellrechtliche Klage, auch wenn sie mit dem Betreibungsverfahren im Zusammenhang steht. Sie ist das Spiegelbild der Anerkennungsklage[4].
Unbestritten ist, dass der Gerichtsstand des Betreibungsortes für die Aberkennungsklage nicht zwingender Natur ist und beispielsweise eine Gericht-standsvereinbarung unter den Parteien grundsätzlich beachtet werden muss[5]. Zudem kann sich die Aberkennungsklage nur auf die mit der Betreibung angehobenen Forderungen beziehen, weshalb die Klagenhäufung mit anderen Ansprüchen gegen die beklagte Partei ausgeschlossen ist[6].
Im Bereich der Immobilarmiete ist der Abschluss einer Gerichtsstandsklausel ausgeschlossen und damit nichtig (GestG Art. 21)[7]. Wie würde es sich aber verhalten, wenn als Gerichtsstand der Ort der gelegenen Sache nach GestG Art. 23 vorgesehen wird? Aus dem Kontext des Mietrechtes und des Gerichts-standsgesetzes müsste eine solche Gerichtsstandsklausel gültig sein, wenn sie nichts anderes als die gesetzliche Regelung vorsieht. Jedenfalls dann müsste das nach SchKG Art. 83 Abs. 2 am Betreibungsort angerufene Gericht die Klage mangels örtlicher Zuständigkeit zurückweisen.
Das Handelsgericht des Kantons Zürich verneinte in einem Urteil vom 18. September 2000[8] seine Zuständigkeit, als es direkt im Sinne von SchKG Art. 83 Abs. 2 angerufen wurde. Es hielt fest, dass vorgängig der Klageeinreichung zwingend ein Schlichtungsversuch vor der Schlichtungsbehörde am Ort der gelegenen Sache durchzuführen sei, weshalb eine direkte Anrufung im Rahmen einer Aberkennungsklage nicht möglich sei.
Das Handelsgericht stellt in den Erwägungen fest:
In der Lehre wurde die Frage bisher kontrovers diskutiert. Während die einen Kommentatoren der Meinung waren, die besonderen Gerichtsstände des Obligationenrechts (insbesondere aOR Art. 274b) gingen SchKG Art. 83 Abs. 2 vor, weil jüngere und speziellere Normen[10], waren andere der gegenteiligen Ansicht[11].
Zur Beurteilung der Aberkennungsklage, welche eine mietrechtliche Streitigkeit über die Miete von Wohn- und Geschäftsräumen zum Inhalt hat, sollte die Schlichtungsbehörde und das Gericht am Ort der gelegenen Sache entsprechend GestG Art. 23 örtlich zuständig sein.
Für diese Lösung sprechen gewichtige Gründe:
a) In Lehre und Praxis ist es für die mietrechtlichen Streitigkeiten unbestritten und klar, dass für sämtliche Streitigkeiten, welche die Miete oder Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen betreffen, zwingend ein Schlichtungsversuch durchgeführt werden muss (Ziff. 1 hiervor). Der Wille des Gesetzgebers war es, den Miet-parteien in jedem Fall ein einfaches, rasches und kostenloses Präliminar-verfahren zur Verfügung zu stellen. Wenn dieser Grundsatz durch SchKG Art. 83 Abs. 2 durchbrochen würde, ginge den Parteien die erste Instanz, nämlich die Schlichtungsbehörde, verloren.
Es wäre unsinnig und widerspräche der Zuständigkeitsordnung des gesamten Mietrechtes, wenn der Schlichtungsversuch bei der Schlichtungsstelle am Betreibungsort durchgeführt würde. Die gesetzgeberisch geforderte örtliche und sachliche Beziehungsnähe würde fehlen. So oder anders ist der Schlichtungs-versuch deshalb bei der Schlichtungsbehörde am Ort der gelegenen Sache durchzuführen. Dass nach durchgeführtem (und erfolglosem) Schlichtungs-versuch das Gericht am Ort der gelegenen Sache zur Beurteilung zuständig sein muss, ist eine logische Schlussfolgerung. Sonst würde es zum Paradoxon führen, dass auf ein und denselben Fall verschiedene, kantonale Prozess-ordnungen angewendet werden müssen, deren Bestimmungen sich gegenseitig ausschliessen können. Dem hernach angerufenen Gericht fehlte es (unter Umständen) auch der bundesgerichtlich geforderten Sachnähe[12].
b) Bei einer Aberkennungsklage, welche sich auf das Mietverhältnis zwischen den Parteien bezieht, geht es in der Regel um direkte Ansprüche aus Mietvertrag. Es sind Fragen der Gültigkeit des Vertrages, allenfalls vorhandener Willensmängel, Mängel oder Schäden am Mietobjekt, zulässiger oder unzulässiger Koppelungsgeschäfte und dergleichen zu beurteilen. Die so verstandene Aberkennungsklage betrifft also regelmässig den Kern des Mietverhältnisses zwischen den Parteien. Ein sachlicher Unterschied zum «Spiegelbild» der Anerkennungsklage ist nicht zu sehen. Und damit auch nicht eine verschiedene Beurteilung bei der örtlichen Zuständigkeit.
c) Die Vorbehalte des GestG Art. 1 Abs. 2 sind eng auszulegen[13] und es ging dem Gesetzgeber lediglich (aber immerhin) darum, die bisherigen spezialgesetzlichen Gerichtsstände beizubehalten. Sofern gerichtsstandsnahe Fragen, wie etwa die Gültigkeit von Gerichtsstandsvereinbarungen nicht spezialgesetzlich geregelt sind, gilt hier subsidiär das GestG[14]. Der Gerichtsstand von SchKG Art. 83 Abs. 2 ist nicht zwingend und kann mit einer Gerichtsstandsvereinbarung geändert werden[15]. Eine solche ist aber gerade nach der im Bereich der mietrechtlichen Aberkennungsklage geltenden (weil gerichtsstandsnah und im SchKG nicht geregelt) Bestimmung von GestG Art. 21 ausgeschlossen (eventuell mit der Ausnahme gemäss Ziff. 1.3 hiervor). Somit träte die nicht wünschbare Rechts-wirkung ein, dass für mietrechtliche Streitigkeiten der Richter am Ort der gelegenen Sache – welcher bei Anerkennungsklagen zwingend ist – nie zuständig sein kann.
d) Der Gesetzgeber des GestG übernahm die Bestimmung von OR Art. 274b praktisch unverändert in GestG Art. 23 (zusätzlich mit der neuen zwingenden Zuständigkeit auch für Geschäftsmieten)[16]. Der Wille zielte somit darauf ab, keine anderen Regelungen als bisher zu treffen. Unter der Herrschaft des aOR Art. 274b hielten gewichtige Kommentatoren dafür, dass der Gerichtsstand des Mietortes auch für die Aberkennungsklage gilt. Sie argumentierten mit der Spezialität der mietrechtlichen Gerichtsstandbestimmungen und damit, dass OR Art. 274b die jüngere Norm als SchKG Art. 83 Abs. 2 sei.
Das GestG ist das neuere Gesetz als das SchKG und enthält speziellere Normen zur örtlichen Zuständigkeit im Bereich des Mietrechtes. Der Vorbehalt von Art. 1 Abs. 2 lit. b ist allgemeiner Natur und bedarf der Auslegung. Die ratio legis der gesamten Kodifikation zielt darauf ab, für mietrechtliche Streitigkeiten einen einzigen Gerichtsstand zu schaffen, sofern es sich um Streitigkeiten über die Miete von Wohn- und Geschäftsräumen handelt. Deshalb können hierüber auch keine Gerichtsstandsvereinbarungen getroffen werden (GestG Art. 21).
Weil der Gerichtsstand von SchKG Art. 83 Abs. 2 nicht zwingend ist, kann er durch Gesetz abgeändert oder durch entsprechende Auslegung des Gesetzes anders verstanden werden, wenn er schon der Parteidisposition unterliegt. Richtig ausgelegt bedeutet der Vorbehalt von GestG Art. 1 Abs. 2 lit. b für die Aberkennungsklage also nichts anderes, als dass der Richter am Betreibungsort örtlich zuständig ist, sofern und soweit es sich nicht um eine mietrechtliche Streitigkeit im Sinne von GestG Art. 23 handelt. Andernfalls ist die Schlichtungs-behörde und das Gericht am Ort der Mietsache zur Beurteilung der Klage ausschliesslich und zwingend zuständig.
e) Wenn man das sub Ziff. 1.1. hiervor erwähnte Beispiel betrachtet, wäre bei strenger Auslegung von GestG Art. 1 Abs. 2 lit. i.V.m. SchKG Art. 83 Abs. 2 die Folge, dass sowohl das Gericht in Zürich im Rahmen des Aberkennungs-prozesses als auch das zuständige Gericht in Bern im Anerkennungsprozess dieselbe Rechtsfrage zu entscheiden hätte und gegensätzliche Urteile gefällt werden können. Man könnte hier einwenden, dass dieser Fall in GestG Art. 36 geregelt ist: das später angerufene Gericht kann den Entscheid aussetzen und an das zuerst Angerufene überweisen. Dem ist aber entgegenzuhalten, dass das Gericht in Zürich zur Beurteilung einer Anerkennungsklage örtlich in keinem Fall zuständig werden kann, weshalb hier die Kollisionsnorm versagen würde. Damit würde ein Zweck des GestG, die Reduktion der Rechtsunsicherheit durch übersichtliche Regelung und entsprechende Reduktion der Abgrenzungs-schwierigkeiten[17] unterlaufen.
Die einzige Möglichkeit, diese verpönte Rechtsfolge zu verhindern besteht darin, sämtliche mietrechtliche Streitigkeiten zwingend dem Forum der gelegenen Sache zuzuweisen, womit die Aberkennungsklage in Mietsachen von Wohn- und Geschäftsräumen immer am Ort der gelegenen Sache anzuheben ist. Der Vorbehalt von GestG Art. 1 Abs. 2 lit. b ist deshalb in diesem Fall als unbeachtlich – weil unerwünschte Resultate bewirkend – anzusehen.
f) Die hier vertretene Lösung hat zusätzlich den Vorteil, dass damit eine Wider-klage der anderen Mietpartei beim gleichen Gericht bei Vorhandensein des sachlichen Zusammenhanges möglich bleibt und die Gerichtsstände nicht auseinanderfallen können (GestG Art. 6). Das hat auch prozessökonomische Vorteile für alle beteiligten Parteien und folgt dem bundesrechtlich geforderten Anspruch auf ein einfaches und rasches Verfahren.
g) Es stellt sich noch die Frage nach den Modalitäten der Aberkennungsklage im oben verstandenen Sinn: die Verwirkungsfrist von 20 Tagen gemäss SchKG Art. 83 Abs. 2 ist in jedem Fall einzuhalten. Dazu reicht die formelle Anrufung der Schlichtungsbehörde aus. Nach fruchtlos durchgeführtem Schlichtungsversuch läuft dann wieder eine 20-tägige Verwirkungsfrist zur formellen Klageeinreichung. Die Verkürzung der Klagefristen kennt man bereits aus anderen Klageverfahren, wenn es um bundesrechtliche Verwirkungsfristen geht (beispielsweise bei der Arrestproseqution).
Das GestG wird als erster Schritt zu einer Vereinheitlichung des gesamten Zivil-prozessrechtes auf Bundesebene bezeichnet. Das neue Bundesgesetz über den Zivilprozess wird das gesamte Verfahrensrecht vereinheitlichen, denn Gerichts-standsrecht und Verfahrensrecht sind eine Einheit[18] und gehören in ein ein-heitliches Gesetz. Verschiedene Unzulänglichkeiten sind deshalb für eine be-grenzte Zeit hinzunehmen bzw. durch geeignete Auslegung der Rechtsnormen zu lösen.
Hierbei wird das neue Gesetz nach Meinung des Autors auch die Diskrepanz zu lösen haben, dass (allzu?) viele Bundesgesetze für zivilrechtliche Verhältnisse Verfahrensbestimmungen enthalten, welche sachbezogen eigentlich in ein vereinheitlichtes Bundesprozessgesetz gehören. Dazu ist auch die Aber-kennungsklage als negative Feststellungsklage des materiellen Bundeszivil-rechtes zu zählen. Der Gesetzgeber wird deshalb auch zu bestimmen haben, ob der Gerichtsstand des Betreibungsortes bei mietrechtlichen Streitigkeiten tatsächlich angerufen werden kann, oder ob im Sinne der Einheitlichkeit der Gerichtsstände nach Rechtsgebieten im Sinne der Meinung des Autors immer das Forum des Ortes der Mietsache zwingend zuständig ist. Der Gesetzgeber wird hier zugleich die Verfahren vor den Schlichtungsbehörden (als eigentliche Zivilgerichte) zu regeln haben. Es wäre zu wünschen, dass diese Revolution des Zivilprozesses so erfolgt, dass keine doppelten Zuständigkeiten mehr entstehen und Vorbehalte zu Gunsten anderer Bundesgesetze auf das absolute Minimum beschränkt bleiben.
Nur so kann dem Anspruch auf Rechtsvereinheitlichung und dem Vermeiden von Rechtsunsicherheit gerecht werden.
Fussnoten
WIRTH, Kommentar GestG, Zürich 2001, Art. 1 N 49
BGE 120 II 112, 114 E. 3bb
GASSER, Gerichtsstandsgesetz, Bern 2001, Art. 1 N 32; Wirth, a.a.O. Art. 1 N 60, vgl. aber Fn 81
BGE 118 III 40, 124 III 207, 208 E. 3a
BGE 87 III 23; STAEHELIN, Kommentar SchKG, Basel 1998, Art. 83 N 35
BGE 124 III 207, 210 E. 3bb
WIRTH, a.a.O. Art. 21 N 84
publiziert in MRA 2001 S. 21ff.
u.a. unter Hinweis auf BGE 118 II 307ff; 117 II 506
STAEHELIN, a.a.O., Art. 83 N 34
HIGI, Zürcher Kommentar, Art. 274b N 15
BGE 120 II 112
GASSER, Gerichtsstandsgesetz, Bern 2001, Art. 1 N 19
WIRTH, a.a.O. Art. 1 N 49
STAEHELIN, a.a.O. Art. 83 N 35
WIRTH, a.a.O., Art. 23 N 14ff.
WIRTH, a.a.O. Art. 1 N 5
Vorwort KELLERHALS, Gerichtsstandsgesetz, Bern 2001