Strafrecht
Am 1. Juli 2016 tritt ein neuer Teil des Massnahmenpakets "Via Sicura" zur Verbesserung der Verkehrssicherheit in Kraft. Dieser beinhaltet die Anpassung der medizinischen Mindestvoraussetzungen an Fahrzeuglenker und neue Anforderungen an die Ärzte, welche Fahreignungsuntersuchungen durchführen.
Die medizinischen Mindestanforderungen für das Führen eines Fahrzeugs werden an den heutigen Stand der Wissenschaft und Technik angepasst. Neu werden die Fahrzeugführer in zwei statt der bisherigen drei Gruppen eingeteilt, für welche unterschiedliche medizinische Anforderungen gelten:
Gruppe 1: Führerausweis-Kategorien A und B, Führerausweis-Unterkategorien A1 und B1, Führerausweis-Spezialkategorien F, G und M
Gruppe 2: Führerausweis-Kategorien C und D, Führerausweis-Unterkategorien C1 und D1, Bewilligung zum berufsmässigen Personentransport, Verkehrsexperten, Fahrlehrer
Folgende wesentliche Punkte (nicht abschliessend) ändern sich auf den 1. Juli 2016 (vgl. Anhang 1 der VZV):
Verkehrsmedizinische Untersuchungen dürfen nur von anerkannten Ärzten durchgeführt werden, welche in vier verschiedene verkehrsmedizinischen Qualifikationsstufen eingeteilt werden (vgl. Art. 5abis VZV). Jede Stufe berechtigt zu bestimmten Untersuchungen. Die Anerkennung einer höheren Stufe berechtigt auch zur Durchführung von Untersuchungen der niedrigeren Stufen. Für die Erlangung der Anerkennung einer der vier Stufen muss der Arzt, der Fahreignungsuntersuchungen durchführt, über einen Weiterbildungstitel verfügen, eine Selbstdeklaration über bestimmte Kenntnisse und Fähigkeiten einreichen und - je nach der begehrten Stufe - bestimmte verkehrsmedizinische Fortbildungskurse absolvieren. Damit soll die Qualität bei Fahreignungsabklärungen gewährleistet werden.
Stufe 1: Die Stufe 1 berechtigt Ärzte zu verkehrsmedizinischen Kontrolluntersuchen von über 70-jährigen Inhabern eines Führerausweises.
Stufe 2: Die Stufe 2 berechtigt Ärzte zur erstmaligen Untersuchung und zu verkehrsmedizinischen Kontrolluntersuchen von Bewerbern resp. Inhabern eines Führerausweises der Kategorien C oder D oder der Unterkategorien C1 oder D 1 oder einer Bewilligung zum berufsmässigen Personentransport oder Untersuchungen von Verkehrsexperten.
Stufe 3: Die Stufe 3 berechtigt Ärzte, Untersuchungen bei Fahrzeuglenkern nach unklarem Ausgang bei der Erstabklärung bei einem Arzt der Stufe 1 oder 2 sowie erstmalige Untersuchungen von Bewerben, an deren medizinischer Eignung die kantonale Behörde zweifelt, durchzuführen. Weiter sind die Ärzte berechtigt, erstmalige Untersuchungen von über 65-jährigen oder körperbehinderten Bewerbern um einen Lernfahr- oder Führerausweis oder um eine Bewilligung zum berufsmässigen Personentransport durchzuführen. Zudem sind sie zu verkehrsmedizinischen Kontrolluntersuchungen von Personen während oder nach schweren körperlichen Beeinträchtigungen durch Unfallverletzungen oder Krankheiten und für verkehrsmedizinische Untersuchungen bei Meldungen von der IV-Stelle oder eines Arztes berechtigt.
Stufe 4: Die Stufe 4 berechtigt Ärzte zu allen verkehrsmedizinischen Untersuchungen und zur Erstellung von Gutachten zur Fahreignung und Fahrfähigkeit.
Der Fahrzeuglenker, welcher verpflichtet wird, einen Arzt für eine verkehrsmedizinische Kontrolluntersuchung oder eine Fahreignungsuntersuchung aufzusuchen, kann sich nicht mehr an einen Vertrauensarzt oder eine Spezialuntersuchungsstelle, die durch die kantonale Behörde bezeichnet ist, wenden.
Ab dem 1. Juli 2016 können sich Fahrzeuglenker nur noch von anerkannten Ärzten mit der entsprechenden Qualifikationsstufe begutachten lassen. Auf der neu erstellten Internetplattform www.medtraffic.ch können die Fahrzeuglenker die Kontaktdaten der Ärzte mit der benötigten Qualifikationsstufe in ihrer Nähe suchen.
Dieser Artikel wurde erstmals im Clubmagazin des ACS Sektion Bern Ausgabe 02/2016 veröffentlicht.