Vorsorge und Todesfall
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Privatrecht

Vorsorge und Todesfall

Praktische Hinweise auf mögliche vorsorgliche Handlungen zur Regelung der persönlichen und vermögensrechtlichen Betreuung bei Eintritt der Urteilsunfähigkeit, zur Rechtsform und zum Inhalt von Verfügungen von Todes wegen (Testamente oder Erbverträge) und zu den auf die Hinterbliebenen zukommenden Aufgaben nach einem Todesfall.

Vorsorge allgemein

Urteilsfähig ist jede Person, der nicht wegen ihres Kindesalters, infolge geistiger Behinderung, psychischer Störung, Rausch oder ähnlicher Zustände die Fähigkeit mangelt, vernunftgemäss zu handeln.

Wenn eine volljährige Person ihre Urteilsfähigkeit verliert, werden von der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde die erforderlichen Massnahmen, wie z.B. die Errichtung einer Begleitbeistandschaft (Art. 393 ZGB), einer Vertretungsbeistandschaft (Art. 394 und 395 ZGB), einer Mitwirkungsbeistandschaft (Art. 396 ZGB), einer Kombination von Beistandschaften (Art. 397 ZGB) oder einer umfassenden Beistandschaft (Art. 398 ZGB) von Amtes wegen angeordnet.

Mit einem Vorsorgeauftrag werden für den Fall der Urteilsunfähigkeit die Personen- und Vermögenssorge sowie die Vertretung im Rechtsverkehr umfassend sichergestellt und zwar soweit möglich ohne dass es dafür behördlicher Erwachsenenschutzmassnahmen bedarf. Für die Personen- und Vermögenssorge kann – muss aber nicht – dieselbe Person bestimmt werden. Es besteht die Möglichkeit, für die Ausübung der Vorsorge sowohl in persönlicher als auch in vermögensrechtlicher Hinsicht Weisungen zu erteilen. In Ergänzung zum Vorsorgeauftrag kann auch eine Patientenverfügung errichtet werden; die Bestimmungen derselben sind von einem Vorsorgebeauftragten zu beachten.

Der Vorsorgeauftrag unterliegt den gleichen Formerfordernissen wie ein Testament; er bedarf entweder der Handschriftlichkeit oder der öffentlichen Beurkundung durch einen Notar.

Personensorge

Der Vorsorgeauftrag für die Personensorge und die damit zusammenhängende Vertretung im Rechtsverkehr gilt in jeder Beziehung umfassend, mit Ausnahme des Geldverkehrs und der Bankgeschäfte, für welche ausschliesslich der mit der Vermögenssorge Beauftragte zuständig ist. Die Personensorge besteht in der Regel aus folgenden Aufträgen:

  • Anstellung, Beaufsichtigung und Entlassung von Haushalts- und Pflegepersonal.
  • Veranlassung der notwendigen ärztlichen Massnahmen und Erteilung der dafür notwendigen Zustimmung, z.B. bei Untersuchungen des Gesundheitszustands, Heilbehandlungen und ärztlichen Eingriffen, insbesondere wenn Gefahr für Gesundheit und Leben des Auftraggebers besteht. Vorbehalten bleiben weitere Patientenverfügungen neben dem Vorsorgeauftrag.
  • Entscheidung über die Unterbringung des Auftraggebers in einem Spital, einer Klinik, einem Alters- oder Pflegeheim und Einleitung aller dazu notwendigen Massnahmen einschliesslich der Aufgabe der Wohnung und der Auflösung des Haushalts, soweit erforderlich.
  • Wahrnehmung der Rechte des Auftraggebers gegenüber Ärzten, Pflegepersonal, Spitälern, Alters- und Pflegeheimen etc., insbesondere Einsichtnahme in sämtliche den Auftraggeber betreffenden Akten (z.B. Krankengeschichte, Gutachten und weitere Krankenakten). Die mit der Betreuung des Auftraggebers befassten Ärzte und Pflegepersonen sowie sämtliche Hilfspersonen und Verwaltungsstellen sind gegenüber dem Beauftragten von der Schweigepflicht (aufgrund gesetzlicher oder vertraglicher Berufs- und Amtsgeheimnisse) entbunden.
  • Entgegennahme, Öffnung und Bearbeitung sämtlicher für den Auftraggeber bestimmten Post.
  • Entscheidung über die dem Auftraggeber zur Verfügung stehenden Informations- und Kommunikationsmittel (Radio, TV, Zeitungen, Zeitschriften, Internet, Telefon, Telefax) und die damit zusammenhängenden Massnahmen.

Vermögenssorge

Der Vorsorgeauftrag für die Vermögenssorge und die Vertretung im Rechtsverkehr, welche nicht mit der Personensorge zusammenhängt, gilt in jeder Beziehung umfassend. Der Beauftragte hat in der Regel folgende Aufgaben:

  • Prüfung und Zahlung sämtlicher Forderungen sowie Einforderung aller Guthaben und Entgegennahme sämtlicher Zahlungen und sonstiger Zuwendungen.
  • Verwaltung des gesamten Vermögens und Treffen von Verfügungen darüber.
  • Vertretung des Auftraggebers gegenüber Behörden, Gerichten, privaten Institutionen, Versicherungen und Sozialleistungsträgern sowie Einleitung sämtlicher damit zusammenhängender Massnahmen und Prozesshandlungen, wenn erforderlich unter Beizug der dazu ausschliesslich berechtigten Personen (z.B. Rechtsanwälte).
  • Ausfüllen, Unterzeichnen und Einreichen der Steuererklärung sowie Erledigung sämtlicher damit zusammenhängender Massnahmen, insbesondere Eingaben bei Steuer- und Steuerjustizbehörden.

Im Rahmen dieser Aufgaben hat der Beauftragte insbesondere die folgenden Befugnisse:

  • Verfügung über Bankkonti, Schliessfächer und Wertschriftenvermögen; Saldierung und Eröffnung von Bankkonti, Wertschriftendepots und sonstigen Depots; Aufnahme, Erhöhung, Verlängerung und Kündigung von Krediten und Sicherstellung derselben; Einsichtnahme in Schliessfächer sowie Eröffnung, Aufhebung und Behändigung des Inhalts.
  • Erwerb, Belastung und Veräusserung von Grundeigentum und Veranlassung der entsprechenden Einschreibungen im Grundbuch.

Banken und weitere der Schweigepflicht unterstehende Institute und Personen sind gegenüber dem Beauftragten von ihrer Schweigepflicht (nach Art. 47 des Bankengesetzes oder aufgrund vertraglicher Berufs- und Amtsgeheimnisse) entbunden.

Verfügungen von Todes wegen

Verfügungen von Todes wegen können durch ein Testament oder einen Erbvertrag errichtet werden. Die Nachlassregelung untersteht den gesetzlichen Schranken. Verheiratete Personen sollten beachten, dass beim Tod des ersten Ehepartners zuerst der Güterstand unter den Ehegatten liquidiert wird, bevor die Erbteilung unter allen Erben stattfindet. In den Nachlass fällt somit nur, was der überlebende Ehegatte nicht gemäss Güterrecht beanspruchen kann. Die Liquidation des ehelichen Vermögens ist gesetzlich geregelt. Das Ergebnis der Liquidation kann aber durch einen Ehevertrag wesentlich beeinflusst werden.

Gesetzliche Erbfolge

Besteht im Todesfall vonseiten des Erblassers keine Verfügung von Todes wegen, so gelten die gesetzlichen Bestimmungen. Es erben

bei verheirateten Personen mit Nachkommen:

  • der überlebende Ehegatte 1/2,
  • die Nachkommen 1/2.

bei verheirateten Personen ohne Nachkommen:

  • der überlebende Ehegatte 3/4,
  • die Eltern 1/4; sind die Eltern bereits verstorben, treten an ihre Stelle die Nachkommen nach Stämmen.

bei nicht verheirateten Personen:

  • sofern Nachkommen vorhanden sind, erben diese zu gleichen Teilen die gesamte Erbschaft,
  • sind keine Nachkommen vorhanden, so geht die gesamte Erbschaft je zur Hälfte an Vater und Mutter bzw. wenn diese bereits verstorben sind, an deren Stämme.

Inhalt einer Verfügung von Todes wegen

Pflichtteilsgeschützt sind die Nachkommen (3/4 vom gesetzlichen Erbanspruch) und der überlebende Ehegatte (1/2 vom gesetzlichen Erbanspruch) des Erblassers. Sind keine Nachkommen vorhanden, beträgt der Pflichtteil der Eltern des Erblassers je 1/2 des gesetzlichen Erbanspruchs. Die Geschwister des Erblassers geniessen keinen Pflichtteilsschutz.

Nur wenn keine pflichtteilsgeschützten Erben vorhanden sind, kann frei und ohne Auflagen über den gesamten Nachlass verfügt werden. Wenn pflichtteilsverletzende Verfügungen auf das Ableben hin erlassen werden sollen, ist für deren Rechtsverbindlichkeit die Mitwirkung der pflichtteilsgeschützten Erben erforderlich, was nur durch den Abschluss eines öffentlich beurkundeten Erbvertrags möglich ist. Mit einer Verfügung von Todes wegen kann z.B. die Abänderung der gesetzlichen Erbfolge – mit oder ohne Erbeinsetzungen – bewirkt werden, es können Vermächtnisse ausgerichtet und Teilungsvorschriften, Bedingungen oder Auflagen etc. erlassen werden. Zudem gilt: Wo kein Kläger, da kein Richter.

Demnach wird eine die Pflichtteile verletzende Verfügung von Todes wegen rechtswirksam, wenn dagegen innert Frist keine Klage erhoben wird.

Testament oder Erbvertrag?

Ein Testament wird mit Ausnahme eines Nottestaments handschriftlich oder durch eine öffentliche Beurkundung errichtet. Ein Erbvertrag bedarf zu seiner Gültigkeit in jedem Fall der öffentlichen Beurkundung. Ein Testament kann durch seinen Verfasser jederzeit widerrufen werden, während ein Erbvertrag zum Widerruf in einer der vom Gesetz vorgesehenen Formen der Mitwirkung aller Beteiligten bedarf.

Die öffentliche Beurkundung hat gegenüber der Handschriftlichkeit den Vorteil, dass damit eine erhöhte Beweiskraft im Streitfall verbunden ist. Das heisst, wer den Inhalt des Testaments nicht anerkennen will, hat den Nachweis einer anderen Anordnung des Erblassers zu erbringen, welche die öffentlich beurkundete Verfügung von Todes wegen widerlegt. Zudem erbringt die öffentliche Urkunde den Beweis der Urteilsfähigkeit des Erblassers bezüglich der erlassenen Verfügungen.

Den Behörden kann mitgeteilt werden, wo eine Verfügung von Todes wegen aufbewahrt wird. Es empfiehlt sich, diese beim Notar oder an einem anderen sicheren Ort zu hinterlegen. Im Todesfall ist somit sichergestellt, dass die Verfügung den Hinterbliebenen eröffnet wird und die Anordnungen des Erblassers auch umgesetzt werden.

Vorkehrungen im Todesfall

Stirbt jemand, haben die Familienmitglieder eine Vielzahl von Aufgaben zu erledigen. Alles rund um die Beerdigung muss organisiert werden: Sarg, Aufbahrung, Todesanzeigen, evtl. Kremation, Begräbnis, Abdankung, «Grebt», Danksagungen etc. Der Siegelungsbeamte wird kurz nach dem Todestag zu den Hinterbliebenen kommen und die Siegelung des Nachlasses durchführen. Ihm muss über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Erblassers Auskunft gegeben werden. Soweit greifbar, halten Sie die letzte Steuererklärung zusammen mit den letzten aktuellen Bankbelegen des Verstorbenen bereit. Wenn Lebensversicherungen oder Verfügungen von Todes wegen bestehen, sind diese ebenfalls offenzulegen. Bei Unsicherheiten telefonieren Sie vor der Siegelung mit Ihrem Notar; er wird Ihnen weiterhelfen können.

Hilfreich für die Hinterbliebenen ist, wenn der Verstorbene in geeigneter Art und Weise (mündlich oder schriftlich) Anweisungen hinterlassen hat, was im Fall seines Todes geschehen soll.

Im Kanton Bern ist ein Inventar von Gesetzes wegen zu errichten, wenn das Vermögen des Erblassers mehr als CHF 100 000.– beträgt und/oder der Verstorbene Grundeigentümer gewesen ist. Die Hinterbliebenen sind frei in der Wahl des Notars, welcher das Inventar errichten soll. Am besten geben Sie anlässlich der Siegelung zu Protokoll, welchen Notar Sie mit dieser Aufgabe betrauen möchten.

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